Chronik
Der Ortsname Eglisau
Funde aus der Zeit der Kelten, der Römer und der Alemannen weisen auf eine frühe Besiedlung der Gegend hin. Die erste Erwähnung des Ortsnamens findet sich in einer Schenkungsurkunde des Grafen Gozbrecht, Abt des Klosters Rheinau. Am 18. Juni 892 vermacht er «was immer ich in Owa besitze» seinem Kloster (Owa = Aue).
Die linksrheinische Ortsbezeichnung Seglingen leitet sich vom alemannischen Namen «Segilo» ab, die Sippe hiess die «Segelinge». Aus «ze Segelinges Owe» entstand der heutige Ortsname Eglisau.
Die Freiherren von Tengen
Die Gründung von Eglisau ist zweifellos auf die verkehrstechnisch günstige Lage am Rhein zurückzuführen. 1249 wird erstmals eine Brücke urkundlich erwähnt. Kurz zuvor begannen wohl die Arbeiten am Bau der Stadt. 1254 war sie befestigt und mit Toren versehen. Die Gründer unserer Stadt entstammen dem Geschlecht der Freiherren von Tengen aus dem Hegau, die in Eglisau während mehr als zweihundert Jahre herrschten.
Eglisau wird verkauft
Am 5. Mai 1463 verkauft Markwart von Baldegg Schloss, Stadt und Herrschaft Eglisau für 12'000 Gulden an die Stadt Zürich. Es war offenbar ein Scheinvertrag, denn die Stadt Zürich verkaufte das Ganze am selben Tag dem steirischen Freiherrn Bernhard Gradner, der bei den Eidgenossen Asyl gefunden hatte, für 12'500 Gulden. Verewigt bleiben Bernard Gradner und seine Frau Veronika von Starkenberg in Eglisau durch die Wandmalerein und dem steinernen Grabmahl im Chor der Kirche. Nach Gradners Tod verkauften die Erben die Herrschaft für 10'500 Gulden wieder an die Stadt Zürich.
Eglisau wird Landvogtei
Von 1497 bis 1798 residierten 57 zürcherische Landvögte im Schloss in Eglisau. Zur Landvogtei gehörten auch Glattfelden und die vier Dörfer im Rafzerfeld. Der aus der Novelle «Der Landvogt von Greifensee» von Gottfried Keller bekannte Salomon Landolt war der letzte Vogt vor dem Sturz der aristokratischen Stadtherrschaft. Als strenger aber auch humorvoller und wohlgelittener Regent wirkte er von 1795 bis 1798 in Eglisau.
Eglisau leidet unter den Kriegswirren
Schwere Zeiten hatten die Eglisauer während der helvetischen Republik zu erdulden. Ab Oktober 1798 war Eglisau wechselseitig durch französische, österreichische und russische Truppen belegt. Um den Rheinübergang wurde gekämpft, die Brücke zweimal zerstört, ein halbes Jahr blieb Eglisau zweigeteilt. Am 1. Mai 1800 zogen die Österreicher ab, Ende des Jahres verliessen auch die Franzosen das Land.
Die Bevölkerung von Eglisau und dem Rafzerfeld litt sehr unter der ständigen Einquartierung und den erzwungenen Lieferungen von Lebensmitteln, Fourage und Holz.
Das 19. Jahrhundert
Äussere Zeichen der politischen Umwälzungen war der Abbruch des Schlosses (1811 das Langhaus am Rhein, 1841 der Turm). Andere Wahrzeichen des Städtchens mussten den Zeitumständen weichen, so das Obertor 1856 und das Rathaus 1876.
Die verkehrstechnisch günstige Lage brachte Einkommen für Handwerk und Gewerbe. Die Bevölkerung fand Arbeit durch den Fischfang, den Güterverkehr auf der Landstrasse und den Transport von Waren, insbesondere von Salz und Holz auf dem Rhein. Noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. zählte man 48 Schiffer. Für rund 1/5 der Bevölkerung bildete das Schiffereigewerbe die Existenzgrundlage. Die Verbesserung der Verkehrswege, der Wegfall der Zölle und das Aufkommen der Eisenbahn brachten es mit sich, dass die vormals so bedeutsame Schifffahrt ihre wirtschaftliche Basis verlor. Der eindrückliche Eisenbahnviadukt konnte 1897 eingeweiht und dem Verkehr übergeben werden.
Wagemutige Eglisauer beschlossen mit dem Bau eines Kurhauses im Jahre 1879 das Mineralwasser, das 60 Jahre in den Rhein geflossen war, zu nutzen. Bereits nach gut zehn Jahren musste der Kurbetrieb aber wieder eingestellt werden.
1881 begann der Schaffhauser Wilhelm Stamm mit der Produktion von wasserdichten Stoffen. Zwei Jahre später verlegte er seinen Kleinbetrieb nach Seglingen. Die Firma entwickelte sich im 20. Jh. zur Stamm AG und beschäftigte in den besten Jahren 500 Mitarbeitende.
Die Neuzeit
Der bedeutenste Eingriff in das Ortsbild ergab sich durch den Bau des Kraftwerks in Rheinsfelden in den Jahren 1915 bis 1920. Der Rheinpegel stieg um ca. 8 m. 15 Häuser an der Rheingasse und eben so viele in Oberriet mussten dem Rheinstau weichen. Auch die gedeckte Holzbrücke fiel dem Rheinstau zum Opfer. Sie wurde 1919 durch die heutige steinerne Brücke ersetzt. Vom nicht mehr benötigten Salzhaus brach man das Dach- und Obergeschoss ab, der Rest wurde mit Bauschutt gefüllt. Dadurch entstand der heutige Salzhausplatz. In den 50er Jahren fiel der Pulverturm dem Zeitgeist zum Opfer. An seiner Stelle steht heute das 1956 erbaute Gemeindehaus.
Bedingt durch den Rheinstau übernahmen die Nordostschweizerischen Kraftwerke das Kurhaus zum Abbruch. Anfangs 1924 verpachtete die N.O.K. das ihnen fremde Mineralwassergeschäft. Damit begann der Aufschwung der Mineralquelle Eglisau, die mit ihren wichtigsten Produkten Eglisana (1926), Orangina (1935) und Vivi-Kola (1938) zu einem wichtigen Industriebetrieb und Arbeitgeber wurde.
Die Landwirtschaft war kleinstrukturiert. Die starke Parzellierung erschwerte zunehmend eine rationelle Bewirtschaftung. Man betrieb Ackerbau und Viehhaltung. Jeder Betrieb bewirtschaftete sein Stück Reben. Das Weingeld war für viele eine wichtige Einnahmequelle. 1951 beschlossen die Grundeigentümer eine Gesamtmelioration. Kulturland, Wald und Reben wurden zusammengelegt. Insbesondere der Rebberg wurde neu gestaltet und mit Wegen erschlossen. Damit waren auch die Voraussetzungen für einen zeitgemässen Rebbau geschaffen. Gleichzeitig entstanden 13 landwirtschaftliche Siedlungen und eine Rebsiedlung.
Eglisau war während Jahrhunderten ein typisches Handwerkerstädtchen und mit den drei Jahrmärkten der wirtschaftliche Mittelpunkt der umliegenden Bauerndörfer. Industriebetriebe siedelten sich vergleichsweise spät an. Umso grösser war dann ihre wirtschaftliche Bedeutung. Die Stamm AG und die Mineralquelle boten nebst kleineren und grösseren Gewerbebetrieben nicht nur der ortsansässigen Bevölkerung, sondern auch vielen Zupendlern aus dem Rafzerfeld und dem süddeutschen Raum, Arbeitsplätze.
Das wachsende Verkehrsaufkommen auf der Strasse wurde zu einer grossen Belastung für die anwohnende Bevölkerung. Die geplante Umfahrungsstrasse fand 1985 beim Zürcher Volk keine Gnade.